Dieser Blog ist archiviert...

Im Mai 2011 bin ich nach 6 Jahren in Irland zurück nach Deutschland gezogen und habe diesen Blog eingestellt. Mein neuer Blog heißt Geist und Gegenwart und ist unter www.geistundgegenwart.de zu erreichen.

Sonntag, 29. Januar 2012

Samstag, 2. April 2011

Wo Arbeitszeit verfügbar ist und Werbefläche knapp

Schilderhalter am Samstag in der Grafton Street
Wenn man in Dublin - zum Beispiel in der beliebten Einkaufsstraße Grafton Street - umhergeht, wird man neben den Straßenkünstlern auch Männer stehen sehen, die ein Schild festhalten. Es sind Werbeschilder, die auf eine Galerie hinweisen oder ein Restaurant oder Friseurgeschäft. Mich hat es immer fasziniert, dass Menschen solche Arbeit machen, die darin besteht, mit einem Schild in dieser strömenden Menschenmasse still zu stehen. Ich frage mich, ob der Erfolg solcher Werbemaßnahmen gemessen wird. Also: Wie viele Menschen lassen sich im Laufe eines Tages von solch einem Schild verleiten, zum Friseur zu gehen? Und wie viel verdient der Schildhalter? Am Ende: Wie viele Menschen muss so ein Schildhalter pro Tag zum Friseur "schicken", damit er sich lohnt? Die Schildhalter scheinen mir auch gar keinen Einfluss auf den Erfolg ihrer Werbemaßnahme zu haben. Denn sie stehen einfach nur da. Manche Schildhalter machen nicht einmal das. Sie sind besser ausgerüstet, zum Beispiel mit einem Angelhocker und vertreiben sich die Zeit mit einem Buch. Ein anderer, den ich heute sah, lehnte an einer Laterne, an die er sein Schild gebunden hatte und spielte mit seinem Handy. Ich glaube so ein Beschäftigungsmodell funktioniert nur da, wo Arbeitszeit billiger und verfügbarer ist als Klebefläche für Werbeposter.

Donnerstag, 24. März 2011

Volksbefragung 2011

Ausschnitt aus dem Formular
In diesem Jahr gibt es in Irland eine Volksbefragung, den Census. Heute gegen 19:00 stand plötzlich eine Frau vor der Tür und ich dachte, es ist wieder die irische GEZ. Aber sie brachte nur den Fragebogen für die Volksbefragung vorbei und sagte mir, wann sie ihn wieder abholen würde. Ich war erstaunt, dass sie überhaupt bis zu mir vorgedrungen war. Schließlich kommt man an meine Tür nur durch den verschlossenen Hinterhof. Es gibt keine Klingel und klopfen hilft auch nichts. Aber in Irland muss man als Volksbefragungsverantwortliche eben erfinderisch sein.

Die Fragen sind interessant:
  • Gesundheitszustand
  • Wie viele Autos
  • Internetanschluss
  • Heizungs-, Wasser- und Kanalisationsanschluss
  • Anzahl der Zimmer und Mietpreis
  • Nationalität und Sprachen
  • Geburtsdatum
  • Familienstand und Kinder
  • Ethnische Hintergründe
  • Religionszugehörigkeit
  • Arbeitgeber und Position
  • Arbeitsweg und -beginn
  • Bildungsabschluss
  • und einiges mehr
Hat man das Formular entgegen genommen, so ist man gesetzlich verpflichtet, es wahrheitsgemäß auszufüllen. Ansonsten muss man - so heißt es auf dem Deckblatt - bis zu €25000 Strafe zahlen. Angeblich werden alle Angaben streng vertraulich behandelt und nur zu statistischen Zwecken ausgewertet. Warum man dann meinen vollen Namen und die komplette Anschrift meines Arbeitgebers wissen will, weiß ich nicht.

Das ganze Formular ist 24 Seiten stark, allerdings muss man nur 6 ausfüllen, wenn man alleine wohnt. Ich habe etwa 10 Minuten gebraucht. Ich hoffe, ich bin am 11 April auch hier, wenn die nette Frau das Formular wieder abholt. Ich habe keine Lust, €25000 Strafe zu zahlen.

Mittwoch, 23. März 2011

Upload- und Download-Geschwindigkeiten im Vergleich

Mit dem Google Public Data Explorer kann man wunderbar öffentlich zugängliche Daten über Zeiträume hinweg vergleichen und visualisieren. Zum Beispiel Broadband-Geschwindigkeiten. In den folgenden Grafiken habe ich Irland mit Deutschland und je dem Land mit der höchsten und der niedrigsten Verbindungsgeschwindigkeit in Europa verglichen.

Download-Geschwindigkeiten


Die Download-Geschwindigkeit: Deutschland liegt weit vorn und Irland im hinteren Drittel


Upload-Geschwindigkeiten


Die Upload-Geschwindigkeit: Deutschland liegt im Schnitt und Irland ist weit abgeschlagen

Die Verbindungsgeschwindigkeiten sind wichtige Indikatoren für die Wirtschaft, insbesondere für das Potential der Online-Wirtschaft eines Landes. Hohe Download-Geschwindigkeiten verweisen auf einen ausgeprägten Konsum von Online-Medien. Hohe Upload-Geschwindigkeiten hingegen ermöglichen eine große und kreative Teilhabe an der Gestaltung von Online-Medien. Rumänien überrascht hier natürlich.

Dienstag, 22. März 2011

Benzin in Irland: E10? Nie gehört!

Irische Tankstelle: Diesel und Super ("Unleaded"), sonst nichts
Während die Autofahrer in Deutschland garantiert das falsche Benzin tanken, verwirrt von all den Sorten (Super, Super Plus, E10, VPower, Ultimate...), gibt es in Irland einfach nur zwei: Diesel und Unleaded (unverbleit 95 octane - also unser Super). Da kann man eigentlich nichts falsch machen. Anders herum tun mir die Iren, die nach Deutschland fahren, jedoch Leid. Das versteht ja kein Mensch, was man da tanken soll.

Über die Preise beschweren sich die Iren natürlich auch, obwohl die mit 1,49 für Super noch ganz human sind, wenn man es mit den Deutschen Preisen vegleicht, die sich im Moment bei 1,60 befinden können. Diesel kostet in Irland zur Zeit rund 1,45. Die Unterschiede zwischen Super und Diesel sind hier nie sehr hoch.

Einen Überblick über die irischen Benzinpreise im Verglich mit den Preisen all der anderen EU-Länder, findet man auf der Website des AA, also des irischen ADACs.

Montag, 14. März 2011

Irland besteht auf ruinöser Steuerpolitik

Irland hat im entwickelten Europa mit 12,5% die niedrigsten Unternehmenssteuern. Zum Vergleich: Den nächst höheren Satz hat Polen mit 19%! Das restliche Europe blickt mit kopfschüttelndem Unverständnis auf Irland, dass sich trotz absolutem Staats- uns Bankenbankrott weiterhin weigert, die Steuern auch nur um einen Prozent anzuheben. Zuletzt heute in Gestalt des Finanzministers Michael Noonan, der sich mit Sarkozy und Trichet in Brüssel stritt. Und auch Merkel ist wenig begeistert. Es ist, als stünde da in aller Öffentlichkeit ein nackter Mann, der sich weigert, die Hosen hochzuziehen, die ihm um die Knöchel liegen. Verrückt und unanständig.

Verrückt, denn es könnte Irland aus der Patsche helfen, ohne dass man gleich so anziehen müsste, dass alle Firmen fluchtartig das Land verlassen würden. Denn auch mit 15% wäre Irland immer noch konkurrenzlos in Europa. Und unanständig ist es, denn die großen Firmen profitieren von den Bildungseinrichtungen und der Infrastruktur, die aus den Steuergeldern bezahlt werden müssten. Auf diese Art mag Irland genau das Gegenteil erreichen: Die jungen und gut gebildeten wandern aus und die Infrastruktur verfällt. Das macht ein Land für Arbeitgeber viel unattraktiver als ein moderater Steuersatz.

Wenn ich mit Iren darüber spreche oder die irischen Tageszeitungen lese, habe ich das Gefühl, dass es darum geht, verzweifelt das Gesicht zu waren und eben genau nicht das zu tun, was das große böse Europa mit den großen bösen Mächten Frankreich und Deutschland, dem kleinen grünen Rebellen aufzwingen will. Man sah das ja auch bei den irischen Abstimmung zum Vertrag von Lissabon. Mit diesem Minderwertigkeitskomplex, den die irische Regierung stellvertretend für sein Volk zur Schau trägt, macht man in der Runde der Großen auf Dauer jedoch keine gute Figur. Irland ist so klein, in vielerlei Hinsicht und seine Bewohner sind es auch. Eine Kollegin sagte mir: "Wir können diese niedrige Steuer nicht aufgeben. Das ist alles was wir haben!" Vielleicht wahr. Und ziemlich traurig, eigentlich.